Viel bringt viel – oder doch nicht?
Wer schon einmal Nahrungsergänzungsmittel gekauft hat, der weiß: Die Auswahl des richtigen Präparats kann eine Wissenschaft für sich darstellen. Man bekommt die verschiedensten Pillen, Kapseln, Pülverchen und Flüssigkeiten beim Heilpraktiker, in der Apotheke, im Drogeriemarkt, online und sogar in der Parfümerie und im Supermarkt. Um sich in dieser schier unendlichen Menge an Präparaten zurechtzufinden, scheinen die auf den Packungen aufgedruckten Mengenangaben der Inhaltsstoffe eine willkommene Hilfestellung, um die Wirksamkeit und das Preis-Leistungsverhältnis zu beurteilen. Die meisten Verbraucher greifen dann zu dem Produkt, das die höchste Wirkstoffmenge verspricht – doch ist das wirklich immer das beste Entscheidungskriterium?
Wirkstoffmenge x Bioverfügbarkeit = Tatsächlicher Nutzen
Nicht unbedingt. Eine höhere Menge der gewünschten Substanz mag im ersten Moment verlockend klingen, allerdings sollte man beim Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln unbedingt darauf achten, dass der Hersteller die vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfohlenen Dosierungen nicht überschreitet. Das BfR hat auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse Leitlinien erarbeitet, die Empfehlungen für Höchstmengen an Vitaminen und Mineralstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln vorgeben. Diese Empfehlungen beziehen sich auf gesunde Menschen sind rechtlich zwar nicht bindend, helfen Kunden aber bei einem sicheren Einkauf. Bei Abweichungen sollte eine fachliche Beratung eingeholt werden. Insbesondere ist darauf zu achten, dass es bei der Einnahme verschiedener komplexer Nahrungsergänzungsmittel zu Überdosierungen an einzelnen Substanzen kommen kann. Im besten Fall wird der Überschuss an Substanz einfach ungenutzt ausgeschieden, oder aber er kann den Organismus belasten und schädigen.
Ein weiteres wichtiges Entscheidungskriterium ist die Bioverfügbarkeit, die beschreibt, wie viel Prozent eines Inhaltsstoffes überhaupt wirklich im Organismus ankommen und verwertet werden können. Ein Anhaltspunkt für die Bioverfügbarkeit ist die Konzentration der Substanz im Blutplasma. Diese sagt aus, wieviel der Substanz überhaupt über den Darm aufgenommen werden kann, und dem Organismus zur Verfügung stehen.
Die Bioverfügbarkeit erhöhen
Einfach ein hochdosiertes Mittelchen einzunehmen und davon auszugehen, dass der Körper damit bestens versorgt wird, ist daher keinesfalls immer die beste Strategie. Ebenso wenig, wie einfach mehr einzunehmen und die empfohlene Dosierung zu überschreiten. Vielmehr sollte die Dosierung dem tatsächlichen Bedarf entsprechen und vor allem besonders gut bioverfügbar sein, damit der Wirkstoff auch wirklich dort ankommt, wo er benötigt wird.
Die Darreichungsform als Booster für die Bioverfügbarkeit
Damit ein Nährstoff in unsere Zellen gelangen kann, muss er die Zellmembran durchdringen. Diese besteht aus einer Doppelschicht aus Phospholipidmolekülen und ist von einem Wasserfilm überzogen, wodurch es besonders Substanzen, die sich nur wenig in Wasser und besser in Öl lösen, schwerhaben, die Zellmembran zu durchdringen und vom Organismus aufgenommen zu werden. Hierfür gibt es besondere Strategien, die nachfolgend kurz beschrieben werden.
Liposomale Nahrungsergänzungsmittel
Die Anwendung von Liposomen ist im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel noch recht neu, sie werden aber – absolut zu Recht – immer beliebter. Da sie genau wie unsere Zellmembran aus einer Doppelschicht aus Phospholipiden bestehen, können wasserlösliche Vitamine und fettlösliche Nährstoffe eingekapselt und unverändert an den Ort transportiert werden, an dem sie benötigt und verwertet werden können. Durch die Ähnlichkeit mit der Zellmembran fällt es ihnen außerdem leicht, an der Zellmembran anzudocken und die Nährstoffe ins Innere der Zelle zu schleusen, wodurch die Bioverfügbarkeit von oral eingenommenen Nährstoffen deutlich erhöht werden kann.
Mizellare Nahrungsergänzungsmittel
Noch neuer im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel ist der Einsatz von Mizellen, die aus einem hydrophoben Kern und einer hydrophilen Hülle bestehen und sich somit bestens zur Einkapselung von fettlöslichen Substanzen eignen. So werden diese vollständig wasserlöslich und stabil in Bezug auf pH-Wert, Temperatur und Oxidation. Abgeschaut wurde diese Technologie vom Körper selbst, der im Zuge der Fettverdauung körpereigene Mizellen ausbildet, um Fette und fettlösliche Substanzen im Darm besser aufnehmen zu können. Nimmt man dem Körper diese energieraubende Arbeit ab, indem diese Substanzen bereits in Mizellen verpackt in Form von Nahrungsergänzungsmitteln in den Darm eingeschleust werden, so können die Substanzen direkt vom Körpergewebe aufgenommen werden und ihre Wirkung entfalten.
Abgestimmte Wirkstoffkombinationen
Aus biologischen Untersuchungen ist bekannt, dass die Kombination bestimmter Substanzen ihre Aufnahme und Verwertung in den Zellen erhöht, wie z. B. Vitamin C die Eisenaufnahme verbessert. Ebenfalls kann sich z. B. die Kombination verschiedener Antioxidantien in ihrer Wirkung verstärken, wie die Vitamine C und E.
Was sie selbst tun können
Neben der richtigen Darreichungsform gibt es auch einige Dinge, mit denen Sie selbst die Bioverfügbarkeit von Medikamenten, Nahrungsergänzungsmitteln und natürlich auch Vitaminen und Mineralstoffen aus Lebensmitteln erhöhen können.
Perfekte Verbündete:
- Trinken Sie nach der Einnahme eines Eisenpräparats idealerweise ein Glas Orangensaft, da Eisen in Kombination mit Vitamin C um bis zu zwei- bis dreimal besser resorbiert wird.
- Die fettlöslichen Vitamine D3, A, E und K sollten mit Fetten kombiniert werden, damit sie ihre Wirkung voll entfalten können.
- Die Aufnahme von Calcium wird durch Vitamin D gesteigert.
Lieber nicht:
- Nehmen Sie Ihre Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel möglichst mit Wasser und nicht mit Kaffee ein, da Kaffee die Bioverfügbarkeit bestimmter Substanzen reduzieren kann.
- Auch bei der gleichzeitigen Aufnahme von Calcium und Magnesium stehen die beiden Mineralstoffe in Konkurrenz.
- Phytinsäure (beispielsweise in Hülsenfrüchten, Vollkornprodukte, Samen und Nüssen enthalten) bindet Mineralstoffe wie Calcium, Eisen und Zink, wodurch diese weniger gut absorbiert werden können.
- Auch Oxalate (in hoher Konzentration in Blattgemüse, Tee, Kakao und Amaranth enthalten) verringern die Aufnahme von Eisen und Magnesium.
- Eisen und Zink können sich bei der Aufnahme im Körper gegenseitig behindern.